
Der Sommer ist vorbei, nun werden auch die letzten Weiden geschlossen. Die Winterfütterung und Schlechtwetterausläufe stehen an. Viele Pferde sind trotz des heissen Sommers „zu rund“ aus der Weidesaison gekommen. Doch wie geht es nun weiter mit dem übergewichtigen Pferd? Womit sollte es gefüttert werden? Welche Ration ist geeignet? Warum ist das Pferd überhaupt so dick geworden?
6 Monate rund um die Uhr Weide, wegen Hitze, Bremsen, Verletzung, Zeitmangel etc. eher gar nicht gearbeitet, aber rund um die Uhr gefressen – schon ist das Pferd richtig fett. Das passiert bei bestimmten Pferden auch bei deutlich weniger Weidegang.
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Warum werden Pferde dick?
Grundsätzlich werden Pferde dann übergewichtig, wenn die Energiebilanz über längere Zeit nicht stimmt, sprich: Das Pferd bekommt mehr Energie gefüttert, als es (ver)braucht. Liegt also die tägliche Energiezufuhr langfristig deutlich über dem Soll-Bedarf, nimmt das Pferd zu. Und das geht über den Sommer recht gut…
Wie kann ein dickes Pferd abnehmen?
Damit ein übergewichtiges Pferd abnimmt muss die Energiebilanz wieder ins Lot gebracht werden – entweder durch energieärmere Fütterung oder durch Steigerung der Leistung.
Am besten jedoch durch eine Kombination beider Maßnahmen. Dabei ist es wirklich die „hohe Schule“ der Rationsgestaltung, wenn ein übergewichtiges Pferd zu füttern ist. Der Energiearmut der Ration sind nämlich durch die Ansprüche an artgerechte und bedarfsgerechte Fütterung Grenzen gesetzt.
Beispiel: IST- und SOLL-Wert eines dicken Pferdes
Unser Beispielpferd:
- Warmblutpferd im Erhaltungsbedarf
- ohne Arbeitsleistung
- Mittelschwerer Rassetyp
- 8 h Paddockgang am Tag
- normales Temperament
- durchschnittliche Bemuskelung
Ist das Pferd normalgewichtig, benötigt es 61,3 MJ umsetzbare Energie am Tag.
Ist es übergewichtig, reduziert sich dieser Wert auf 55,8 MJ– also ca. 10%-Punkte weniger an Energie.
Dies entspricht dem Erhaltungsbedarf eines normalgewichtigen Pferdes von 525 kg Gewicht. Das wäre das angenommene Sollgewicht des Pferdes, es muss also ungefähr 75 kg abnehmen. Hört sich viel an, ist aber vergleichbar mit einem Menschen, der von 60 auf 52,5 kg abnehmen möchte – das geht, aber dauert Monate, wenn es denn ohne Radikaldiät laufen soll!
Noch stärker sinkt der Energiebedarf bei sehr überwichtigen Pferden – hier wird ein Abzug von ca. 20%-Punkten vorgenommen. Bei unserem Beispielpferd also 50.2 MJ ME, was dem Erhaltungsbedarf eines normalgewichtigen Pferdes von 450 kg entspricht.
Erst wenn sich also der IST-Wert an Energie in der Ration deutlich in Richtung des SOLL-Wertes bewegt, wird das Pferd langfristig abnehmen.
In der Praxis: Die optimale Ration um abzunehmen
Nun zur Praxis: Ein übergewichtiges Pferd im Erhaltungsbedarf benötigt nur Heu und Mineralfutter. Auf alle weiteren zucker- und stärkehaltigen Futtermittel sollte konsequent verzichtet werden.
Denn das Heu allein führt schon dazu, dass der Soll-Wert an Energie nur schwer zu erreichen ist. Warum das?
Durchschnittliches Heu der Ernte 2019 bringt bereits 6,29 MJ umsetzbare Energie je kg in die Ration ein. Das Energie-Eiweiß-Verhältnis liegt etwas über 1:8. Ein Verhältnis von 1:6 wäre wünschenswert, ist jedoch mit Heu nicht zu erreichen. Grundsätzlich sind Pferde jedoch recht tolerant, was ein Überangebot an Energie angeht – das 1,5 fache an Energie macht den meisten Pferden nichts aus. Nicht aber bei Pferden, die auf erhöhte Energiezufuhr mit Zunahme reagiert haben und nun abnehmen müssen.
Auch beim Abnehmen müssen dicke Pferde satt werden
Um satt zu werden, benötigt ein Pferd eine ausreichende Menge an Trockensubstanz. Diese zu kauen und mit einer bestimmten Anzahl an Kauschlägen dadurch die Ohrspeicheldrüse zu aktivieren, löst das Sättigungsgefühl aus – nicht unbedingt der jeweilige Füllgrad des Magens.
Unser Beispielpferd benötigt 104 gr Trockensubstanz je 100 kg metabolische Körpermasse, also 12,61 kg, um satt zu werden.
Da wird es schon schwierig mit der Diät, die der Pferdehalter dem dicken Pferd jedoch leider aufzwingen muss. Eine Diät muss aber immer noch den Grundsätzen artgerechter Fütterung entsprechen. Und dazu gehört, dass das Pferd kein Hungergefühl wegen zu wenig Trockensubstanz hat.
Angenommen, das übergewichtige Pferd bekommt nun – entsprechend seines AKTUELLEN Lebensgewichts von 600 kg 1,5 kg Heu je 100 kg LM. Es darf nicht unbegrenzt Stroh fressen, sondern steht auf Spänen und bekommt nur 2 kg Futterstroh über die Nacht dazu, dann ist die Trockensubstanz, die das Pferd bekommt zu niedrig, sprich das Pferd wird nicht satt.
Daraus resultiert Stress, aus Stress kann Verletzungsanfälligkeit erwachsen. So manches Pferd hat sich während des Abspeckens Beinverletzungen durch Treten vor die Boxenwand eingefangen…
Erhöht man nun die Heuration von 9 kg auf 10 kg, ist der Trockensubstanzgehalt der Ration immer noch leicht zu niedrig, leider aber der Energiegehalt der Ration nun leicht zu hoch. Ist ja nicht im Sinne des Erfinders – schließlich soll das dicke Pferd abnehmen!
Also könnte man das Verhältnis Heu/Stroh zugunsten von Stroh zu verändern – bei 7 kg Heu und 6 kg Weizenstroh (also der Maximalwert von 1 kg je 100 kg LM) ist alles im grünen Bereich. Die Energieversorgung ist jedoch am oberen Rand des grünen Bereiches – abnehmen möglich, aber sehr langwierig. Noch mehr Stroh birgt die Gefahr von Verstopfungskoliken.
Beim Umstieg auf nährstoffarmes, überständiges Heu kann zwar 1 kg mehr Heu gefüttert werden, ausreichend für die Trockensubstanz ist das immer noch nicht, außerdem ist auch diese Ration dann am oberen Ende des grünen Bereiches.
Wie soll ein übergewichtiges Pferd also abnehmen?
Selbst mit reiner Heu- und Strohfütterung (natürlich ergänzt durch Mineralfutter) liegt ein nicht arbeitendes, übergewichtiges Pferd entweder energetisch über dem Soll-Bedarf, kann also nicht abnehmen, oder die Trockensubstanz ist zu niedrig, das Pferd hungrig und unzufrieden.
DIE optimale Ration komplett im grünen Bereich ist unter diesen Umständen sehr schwierig!
Genug Bewegeung um gesund abzunehmen
Da hilft nur eins: Mehr Bewegung, mehr Arbeit! Wenn das Pferd nun ca. 45 min pro Tag in allen drei Gangarten arbeitet oder 80 min Schritt geht, benötigt es aus dieser geringfügigen Arbeit ca. 13 MJ ME mehr, insgesamt also 69,7 MJ. 13 MJ ME entsprechen ca. 2 kg Heu. Nun kann das arbeitende übergewichtige Pferd eine Ration von 12 kg Heu (also 2 kg je 100 kg Lebendgewicht) und 2 kg Stroh bekommen. Die Trockensubstanz reicht aus, das Pferd wird satt und ist artgerecht gefüttert.
Diese Ration hat einen Energiegehalt von 77,6 MJ ME bei einem Soll-Bedarf von 69,7 MJ – und damit wird das Pferd gesund abnehmen.
Was aber, wenn das Pferd aus Alters- oder Krankheitsgründen gar nicht arbeiten kann? Hier helfen Knabberäste gegen den Rohfasermangel nd gegen die Langeweile.
Der Einsatz von Mineralfutter bei der Diät
Nun muss aber auch noch das Mineralfutter ins Pferd – gar nicht so einfach, wenn man auf weitere Futtermittel verzichten soll. Viele Pferde fressen das Mineralfutter nämlich nicht pur. Sind dann auch noch Medikamente dabei, kommt es oft zur Totalverweigerung. Dann hat man die Ration zwar energetisch so aufgestellt und die Arbeit so angepasst, dass das Pferd abnimmt, eine Unterversorgung mit Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen darf jedoch nicht sein.
Hier ist „Schummeln“ erlaubt: mit 100 gr Heucobs (Trockengewicht) eingeweicht kann man alles untermischen, ohne dass die Ration kippt – schließlich werden nur 0,6 MJ Energie zusätzlich eingebracht. Weitere Bestandteile wie Apfelsaft, Malzbier, Rübenkraut, Honig, und was man sonst noch alles so an Tipps bekommt, wie die Akzeptanz zu erhöhen ist, muss jeder selbst entscheiden. Ich habe bei einem meiner Pferdes alles oben Genannte probiert – keine Chance! Erst eine kleine Menge Spekulatiusgewürz führte zum Erfolg, und das auch noch ohne zusätzlichen Zucker😊
Außerdem ist es für die Pferdepsyche wichtig, dass es etwas in den Trog gibt, wenn die Stallkollegen auch Krippenfutter erhalten. Ist der Diätkandidat mit seiner kleinen Portion zu schnell fertig, kann man große runde Kieselsteine in den Trog legen. Bis dann alles heraus geleckt ist, sind die anderen wahrscheinlich auch fertig, und es herrscht Ruhe im Stall.
Rationsgestaltung bei dicken Pferden im Offenstall mit 24/7 Heufütterung
Pferde, die Heu ad libitum bekommen, fressen bis zur Sättigungsgrenze. Diese liegt bei etwa 3 kg Heu je 100 kg Lebendgewicht. Manche Pferdetypen fressen jedoch noch deutlich mehr – sind den ganzen Tag von der Raufe nicht weg zu bekommen. Wenn also die Rationierung des Heus technisch nicht machbar ist, dann muss das Pferd eben so viel arbeiten, dass die großen Heumengen nicht zu Übergewicht führen. Frisst der obige Kandidat also 18 kg Heu am Tag, einfach, weil er’s kann, dann muss er knapp zwei Stunden pro Tag arbeiten, davon 1 Stunde Schritt und weitere 50 min in allen drei Gangarten.
Achtung! Die Bewegung im Offenstall zählt nicht; denn die ist in den Erhaltungsbedarf bereits eingerechnet.
Gesund abnehmen, anstatt einer Radikaldiät
Bei aller Liebe zur artgerechten Pferdehaltung kann aber nicht nur Heu ad libitum als artgerecht gelten, ohne Rücksicht darauf, ob jedes Pferd das auch verträgt. Einem Pferd massives Übergewicht anzufüttern ist nicht nur nicht artgerecht, ab einer gewissen Grenze ist es tierschutzrelevant. Von kostspieligen Folgeerkrankungen, unter denen das Pferd dann leidet mal ganz abgesehen…
Jedoch Warnung vor Radikaldiäten! Es empfiehlt sich nicht, die Ration energetisch UNTER den von OPTI-RATION® berechneten Soll-Wert zu reduzieren. Das Pferd ist nicht von heute auf morgen dick geworden, und wird also auch nicht von heute auf morgen wieder dünn. Wer ein sehr übergewichtiges Pferd hat, sollte die Ration ohnehin mit dem Tierarzt besprechen.
Der Wert, den OPTI-RATION® als SOLL-Wert für ein übergewichtiges Pferd angibt, berücksichtigt bereits die Abzüge an Energie. Hier sollte die Ration in den grünen Bereich gebracht werden. Eine Unterversorgung von Energie wäre fatal, schließlich soll das Pferd auf Diät, nicht verhungern…

Kann man sonst noch etwas tun? Ja. Der Abbau von Fettreserven bzw. der Umbau von Fett in Muskelmasse bedeutet Schwerstarbeit für den Stoffwechsel. Leber und Niere können durchaus Unterstützung gebrauchen. Und zwar ausdrücklich nicht im Sinne einer „Entgiftung“ sondern im Sinne einer Stoffwechselanregung. Hier gibt es diverse Präparate am Markt – aber bitte darauf achten, dass dadurch nicht „auf Umwegen“ wieder unerwünschte Energie in die Ration gelangt.
8 Tipps für die Fütterung bei Übergewicht:
- Ernährungszustand des Pferdes bei der Beschreibung in OPTI-RATION® ehrlich angeben
- Pferd wiegen lassen oder vermessen und Gewicht mit unserem kostenlosen Tool berechnen lassen
- Nur Heu und Mineralfutter – mehr gehört nicht in eine Ration
- keine weiteren zucker- und stärkehaltigen Futtermittel
- Wenn möglich auf nährstoffarmes Heu ausweichen
- Mehr Bewegung! Mehr Arbeit! Ein nicht arbeitendes Pferd kann nur sehr schwer abnehmen
- Knabberäste anbieten
- ausreichende Versorgung mit Mineralfutter sicherstellen
- Stoffwechsel unterstützen
Rationsermittlung für jedes Pferd
Jedes Pferd ist anders. OPTI-RATION® schließt in seine Berechnungen deshalb unterschiedliche Umstände ein, die auf die Nährstoffzufuhr Einfluss haben.
Dazu zählen z. B. die Angaben zum Ernährungszustand des Pferdes. In unserer Rationsberechnung wird das berücksichtigt. So können auch Pferde mit besonderen Ansprüchen mit der optimalen Ration versorgt werden.
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