Winterfütterung in der Pferdevorschule
Nach dem dritten Sommer auf der Weide ist Tony nun vom Kindergarten in die Vorschule umgezogen. Er ist jetzt 32 Monate alt, hat die Sommerweide für Jungpferde verlassen und steht nun in einer Box.
Selbstverständlich ist auch dabei täglicher freier Auslauf gewährleistet. Die Fütterung kann jedoch in der Box individueller gestaltet und überwacht werden. Und das ist gerade in dieser Phase wichtig.
Pferdevorschule und neue Leitlinien –
Viele von euch haben die Diskussion um Tierschutz und Pferdesport, insbesondere um den Zeitpunkt, ab dem ein junges Pferd gearbeitet werden darf, verfolgt. Ich habe mich unabhängig davon immer am tatsächlichen Entwicklungszustand meiner Pferde orientiert.
Im Alter von zwei Jahren gibt es ein Zeitfenster, in dem man die Entwicklung eines Jungpferdes gut einschätzen kann:
Allgemeiner Entwicklungszustand
Hier gibt es immer wieder genetisch bedingte Unterschiede. Von den 21-25 Monaten alten Hengsten der Gruppe, die gleich gehalten und gefüttert wurden, wurde ein Teil in die Körungsvorbereitung gegeben, andere blieben auf der Weide. Insbesondere die hoch im Blut stehenden Pferde waren optisch weiter in ihrer Entwicklung, obwohl man doch gerade den Halbblütern eine gewisse Spätreife nachsagt.
Tony war zwar gut gewachsen, war angenehm im Umgang und zeigte immer noch die tollen Bewegungen, wegen derer ich ihn 2019 ersteigert hatte.
ABER – er war noch ein Baby und wirkte auch so. Hier ein Bild vom 16.3.2021, 1 Woche vor seinem 2. Geburtstag.
Skelett Entwicklung
Tony wurde im Alter von 24 Monaten geröntgt. Diese Aufnahmen beantworten wichtige Fragen:
Sind die Wachstumsfugen im Vorderfuß-Wurzelgelenk geschlossen?
Wenn nein, braucht das Pferd noch einen weiteren Sommer auf der Weide. Jedes frühere Anarbeiten (selbst auf niedrigstem Niveau) birgt das Risiko, dass das Skelett sich nicht normal entwickeln kann, das Pferd schon sehr früh „auf den Knochen“ nicht hält und eine gerade begonnene Sportlerkarriere beendet werden muss. Beispiele dafür gibt es viele….
Gibt es operationspflichtige Chips?
Wenn ja, dann können diese direkt zu Beginn des 3. Lebensjahres operiert werden. Danach ist eine lange Rehaphase auf der Sommerweide möglich.
Wenn es eine AKU wäre….
zeigte die Statuserhebung in diesem Alter, ob es sich überhaupt „lohnt“ eine kostenintensive Ausbildung als Reitpferd anzustreben,
Auf den Röntgenbildern von Tony war klar zu erkennen, dass die Wachstumsfugen noch nicht ausreichend geschlossen sind. Ansonsten: Hufe und Gelenke top!
Also - zurück auf die Weide bis zum Saisonende
Keine Chips, nichts, was gegen eine Ausbildung als Reitpferd sprach. Er brauchte nur einfach noch Zeit. Die habe ich ihm gerne gegeben.
zu Beginn der Arbeits-Phase
Kastration ja oder nein?
Hier spielen mehrere Überlegungen eine Rolle:
Wie weit ist der Junghengst in seiner sexuellen Entwicklung? Tony weiß noch gar nicht, dass es zweierlei Sorten von Fahrrädern gibt, er ist absolut nicht hengstig, und ihm fehlt aktuell noch jeglicher Hengstausdruck. Die Hoden sind gerade erst abgestiegen.
Also gebe ich dieser Entwicklung ebenfalls noch Zeit. Er wird mit Fortschreiten der hormonellen Entwicklung auslegen und an Ausdruck gewinnen. Außerdem kann er seine Energie ohne Kastration nicht direkt komplett in das Wachstum stecken. Er ist nämlich bereits 166 cm groß, und würde bei einer frühen Kastration voraussichtlich einen Schub im Größenwachstum haben.
Voraussetzung für eine solche Entscheidung ist allerdings immer, dass auch einem Junghengst artgerechte Haltung ermöglicht werden kann. Das ist aber in einem auf Hengsthaltung spezialisierten Stall kein Problem. Im Pensionsstall sähe das oft ganz anders aus…
Dass die Kastration im Stall in einem frühen Stadium der Entwicklung weniger kostenintensiv ist, als eine Kastration unter Vollnarkose zu einem späteren Zeitpunkt in einer Klinik, ist klar. Dafür ist man dann eben versichert oder nicht.
Last, but not least: EIne Kastration ist irreversibel. Wenn Tony als Verkaufspferd Interesse weckt, dann kann der künftige Besitzer die Entscheidung treffen, ob er Hengst bleiben soll oder nicht.
Solange sich im Umgang also keine Probleme ergeben, bleibt er Hengst.
Gesundheits-Check und Zahnkontrolle
Natürlich steht ein kurzer Gesundheitscheck an, wenn Jungpferde aufgestallt werden. Besonders wichtig ist mir jedoch der Zahnstatus zu Beginn der Ausbildung. Wer sein Pferd nicht erst mit 5 Jahren und vollständigem Erwachsenengebiss in Ausbildung gibt, weiß, dass die Gewöhnung an das Gebiss in die doch recht lange Phase des Zahnwechsels fällt.
Eine Kontrolle und vielleicht auch eine Korrektur gewährleisten, dass dem jungen Pferd keine Rittigkeitsprobleme nachgesagt werden, wenn es zu Beginn der Ausbildung auf dem Gebiß „rummault“ oder generell unleidlich ist. Wenn Konklusion der Zähne, Sitz der Milchkappen und Wolfszähne kontrolliert werden, erspart man seinem Youngster erhebliche Schmerzen und sich (oder dem Ausbilder) Stress.
Bei Tony mussten die Wolfszähne entfernt werden. Klein aber oho – die machen nämlich mächtig Probleme beim Anreiten, weil genau dort das Gebiß aufliegt und damit Druckschmerzen verursacht.
Außerdem hat die auf Zahnbehandlung spezialisierte Tierärztin Dr. Wiebke Wulff eine lose Zahnkappe entfernt, kleinere Haken geraspelt und die Schneidezähne leicht gekürzt.
So ist neben einer schmerzfreien Futteraufnahme auch die Gewöhnung an ein Gebiss problemlos möglich.
Was hat sich verändert?
Nun – zuerst einmal das Pferd selbst: Er ist größer und schwerer geworden. Anfang November kam er mit leichtem Untergewicht von der Ganztagsweide. Er hatte einen ordentlichen Wachstumsschub hinter sich, es war bereits naßkalt, er war nicht eingedeckt, dazu kam der Fellwechsel.Es wurde also Zeit…
Geringfügiges Untergewicht – gerade in der Aufzucht – ist mir jedoch tendenziell „lieber“ als Übergewicht…
Die Haltungsform: Raus aus der Gruppe, hinein in eine Box, wenn auch mit Pferdekontakt nach allen Seiten, dazu kein Weidegang mehr, jedoch Bewegung auf dem Paddock.
Stressfaktor: Diese Umstellung bedeutet Stress, somit erhöhten Bedarf an Energie, Mineralstoffen und Spurenelementen
Arbeit: Führmaschine, Freilaufen, erste Gymnastiksprünge – alles in allem nur geringfügige Arbeit ohne Reiter, aber auch die muss energetisch abgedeckt werden.
So sieht also jetzt der Steckbrief von Tony aus:
Ansprüche an die Fütterung
Diese sollte bedarfsgerecht, artgerecht und leistungsgerecht sein, also reichlich Heu – Grundlage der artgerechten Fütterung.
Ausreichende Versorgung mit hochwertigen Aminosäuren – Tony erbringt Leistung in Form von Wachstum UND Arbeit. Was an praecaecal verdaulichem Eiweiß durch Heu und Kraftfutter nicht zu decken ist, wird hier alternativ zu den klassischen Eiweißträgern Sojaschrot, Kartoffeleiweiß oder Luzerne durch ein reines Aminosäurenpräparat ersetzt.
Bedarfsgerechte Versorgung mit Mikro-Nährstoffen wird durch ein Mineralfutter mit Eignung „Aufzucht“ gewährleistet.
Kalkulierbarer Gehalt an Zucker und Stärke. Gerade in der Umstellung von Weide- auf Winterfütterung ist der Verdauungstrakt stark belastet. Ein Zuviel an Stärke und Zucker muss also vermieden werden.
Wenn man also weiß, wie viel Zucker und Stärke in der Gesamtration enthalten ist, wird klar, auf wie viele kleine Portionen am Tag Getreide und Kraftfutter verteilt werden müssen.
Wer dazu mehr wissen möchte, findet hier Informatinen zu Zucker und Stärke.
Deshalb habe ich nur Futtermittel aus unserer kostenlosen Datenbank ausgewählt, bei denen der Zucker- und Stärkegehalt bekannt oder vom Hersteller deklariert ist.
Hier also die ausgewählten Futtermittel, wobei ich aus Neutralitätsgründen die Namen der Hersteller unkenntlich gemacht habe.
Die Mengen sind bereits von Opti-Ration optimiert.
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